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Geburtsbericht - Matilda
 
Das Fest von Matildas Geburt:
selbstbestimmt, geborgen und voller Hingabe.

 

Hingabe ist das Wort, das Matildas Geburt für mich am besten beschreibt. Voller Hingabe ist sie bei uns zu Hause auf die Welt gekommen. Aber nun erstmal zum Anfang.

 

Es ist der 22. März 2023 - Heute ist der errechnete Termin der kleinen Dame, die noch in meinem Bauch lümmelt. Ich bin kugelrund und wünsche mir nur noch, dass es bald losgeht.

 

Meine Mama ist schon angereist, um sich um Henri (den 3-jährigen Bruder) kümmern zu können. Alles ist vorbereitet, aber die Wehentätigkeit ist noch ziemlich träge…

Nachts sind immer mal wilde Wehen da, aber nach Geburt fühlt sich das noch nicht an.

 

Vormittags

Da heute ET ist, steht eine Vorsorge bei Lisa an, die in Rufbereitschaft ist. Auch wenn der Besuch wie immer herzlich, auf Augenhöhe und sehr einfühlsam ist, spüre ich eine gewisse Nervosität, die ich bisher so nicht kenne. Wir sprechen darüber, wie die Kontrollen in den nächsten 14 Tagen aussehen werden, wann ich zur Gynäkologin muss, wann ein CTB ansteht etc. - all das kenne ich so noch nicht, da mein Sohn vor 3 Jahren 3 Tage vor seinem ET auf die Welt gekommen ist.

 

Mittags

Auf dem Weg nach Hause kommt immer mal eine Wehe, die ich beim Autofahren ganz gut veratmen kann. Es scheint, als hätte die kleine Maus meine Nervosität gespürt und machte sich langsam auf den Weg.

Zu Hause angekommen bin ich anfangs noch im Wohnzimmer, unterhalte mich viel mit meiner Mama und muss immer wieder innehalten, um Wehen zu veratmen. 

Irgendwann, am frühen Nachmittag, spüre ich ein Bedürfnis nach mehr Ruhe. Ich ziehe mich  ins Schlafzimmer zurück, um mich dort hinzulegen. Mal ist meine Mama da, mal Daniel, mein Mann und mal bin ich alleine. Irgendwann kommt auch Henri aus der Kita und ist kurz bei mir, aber er verschwindet schnell wieder, um mit seiner Oma zu spielen.

 

Nachmittags

Ich schaue aus dem großen Fenster, sehe Bäume und Vögel und ab und an in der Ferne ein Flugzeug - und ich verspüre ein enormes Gefühl der Dankbarkeit. Ich bin so dankbar, zu Hause sein zu können, um Matilda hier auf die Welt zu bringen. Ich kann mich diesem Gefühl richtig hingeben und so die Wehen sehr gut veratmen. Irgendwann wünsche ich mir, dass Daniel bei mir bleibt - die Oma kümmert sich um Henri und wir beide können uns auf die Geburt konzentrieren. Daniel stoppt die Wehen mit seinem Handy, um ein Gefühl für die Länge und den Abstand zu bekommen. Das macht er aber eher für sich, ich bin ziemlich bei mir, meinem Körper und unserem Baby und kann mich immer weiter dem Geburtsprozess hingeben.

 

Abends

Irgendwann (es war gegen 19 Uhr) spüre ich das Bedürfnis, Lisa anzurufen und sie zu informieren, dass ich Wehen habe. Als hätte sie mich erwartet, geht sie direkt ans Telefon. Wir sprechen und am Ende  fragt sie, ob sie nach mir schauen kommen soll. Auch hier bin ich ziemlich klar und sage, dass sie noch nicht kommen brauche, aber dass ich mich wieder melde, wenn sie kommen soll. 

Gegen 20 Uhr rufe ich Lisa erneut an und bitte sie, zu kommen. Ich habe schon jegliches Zeitgefühl verloren, bin total im Geburtsprozess und weiß nur von Daniel, dass sie 30 Minuten später da ist. Auch wenn ich absolut bei mir bin, erlebe ich Lisas Ankunft sehr klar. Lisa baut auf und ich bin überrascht, was sie alles dabei hat, das habe ich bei meiner ersten Geburt vor 3 Jahren gar nicht mitbekommen. Lisa fragt, ob Rike (Praktikantin der Praxis, die ich schon kenne) kommen dürfe und ich bin einverstanden. 

Es wird langsam intensiver und ich kann die Wehen immer noch sehr ruhig veratmen. Nachmittags hatte ich mal ausprobiert zu tönen, aber das hat sich für mich nicht stimmig angefühlt. Stattdessen ist ganz leises Veratmen mein Weg.

 

Der Druck auf den Darm wird irgendwann immer größer, zwei mal gehe ich ins Bad, um meinen Darm zu entleeren. Irgendwann kommt dann ein Punkt, wo mir der Druck Angst macht. Bei Henris Geburt hatte ich eine sehr lange Austrittsphase und der Druck auf den Darm war sehr lange sehr intensiv. Ich artikuliere meine Angst und Lisa unterstützt mich voller Empathie. Sie fühlt mit mir und spricht mir gleichzeitig Mut zu. Sie ist einfühlsam und klar zugleich.

 

Ich möchte auf den Gebärhocker (auf dem habe ich Henri geboren), aber der Druck nimmt weiter zu und ich spüre, dass das diesmal nicht meine Position ist.

Ich gehe runter und wünsche mir eine Pause, ich möchte alles mal “anhalten”. Später erfahre ich von Lisa, dass ich den Wunsch nach Pause auch zu unserem Baby kommuniziert habe und dass diese Pause ganz schön lange gedauert hat. Als ich mental wieder so weit bin, gehe ich zurück ins Bett und mein Körper weiß, dass der gestützte 4-Füßler-Stand meine Position ist. Ich kann mich wieder dem Prozess hingeben und bin sehr klar in meinem Körpergefühl.

Lisa bestärkt mich, die Wehen anzunehmen, mitzugehen und mich treiben zu lassen. Sie berührt und wärmt meine Füße und ist so eine tolle Stütze von hinten.

 

Ich ertaste das Köpfchen in der Vagina und das gibt mir ganz viel Energie. In der nächsten Wehe presse ich intensiv mit und gebäre ihren Kopf.

 

Daniel sagt: “Wow, die Haare sind ganz schwarz.” Es dauert eine gefühlte Ewigkeit bis zur nächsten Wehe. Ich bin total wach, klar und warte auf die nächste Wehe. Bei der nächsten Wehe ist es 23:01 und das Baby ist geboren

Daniel sagt: “Es ist ein Mädchen.” 

Unser Wunder ist da - wir sind überglücklich. Henri schläft tief und fest im Raum nebenan. Er lernt seine Schwester am nächsten Tag kennen. Er kann es noch gar nicht begreifen: “Aber Mama, es ist doch noch gar nicht Frühling?” “Doch seit 2 Tagen, auch wenn es draußen noch gar nicht so aussieht.”

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